Indische Ausflüge – oder – die Kunst des Wartens – 12.02.25

Kategorie: Aktuelles, Indien

Arjan will Jura studieren, erst den nationalen Abschluss, dann internationales Recht. Da er unser Überflieger auf dem Hof ist und schonmal Farsi lernt, um heilige Bücher im Original zu lesen, oder politische Gedichte (selbstverfasst!) in einer Nachtaktion mal eben ins Englische übersetzt – alles absolut kein Thema… Also heute nach dem Frühstück: ob wir sein College sehen wollen – ja gerne, ok, wann? ja, gleich – um 10 fahren wir los.. Es ist gerade 9:00 und wir haben noch einen Berg Handwäsche vor uns – in deutscher Gründlichkeit im Akkord den Berg abgearbeitet, aufgehängt, Sachen gepackt und auf den Hof in Warteposition. In Sachen – was mitnehmen auf indische Ausflüge sind wir durchaus schon geübt, gesamte Fotoausrüstung mit Ersatzakkus (falls es interessanter wird), Sonnencreme (falls es keinen Schatten gibt) gut ausziehbare Schuhe und Tuch für den Kopf (es kann immer ohne Vorankündigung in eine Gurdwara (Sikh-Tempel) gehen), Oberkleidung ordentlich (es geht in eine Behörde) und gedanklich alle sonstigen Ideen für den Tag weeeit nach hinten schieben.

Und es beginnt schon „gut“ mit einer Std. Verspätung, Nachfragen, verärgert sein, Vorwürfe gar – macht alles keinen Sinn, man erntet höchstens ein Schulterzucken. Das College liegt in Amritsar, der regionalen Hauptstadt des Punjab, ca. 1 1/2 Std. entfernt, durchaus ein interessanter Weg über Buckelpisten über die Dörfer auf Landstraßen, die seltsamerweise immer mal wieder nach 500 m guter Piste unterbrochen sind (s.oben Buckelpiste) – Richtung Amritsar wird`s besser, die Ansiedlungen werden hochwertiger, die Zahl der Straßenhändler nimmt zu – viel zu schauen… Und wir kommen im College an – leider sind wir ja nicht des Punjabi mächtig (eine echter Mangel!) und wir beobachten ein sich wiederholendes Schauspiel mit gelegentlichen Ortswechsel. Pförtner – strenger Blick, viele wortreiche Erklärungen – wir werden gnädig hineingelassen. Administrationsbüro, wir dürfen uns setzen, bekommen ein Wasser, Arjan und unser Schulleiter laufen zur Anmeldung, zurück in Richtung eines Büros – wieder zu uns – nächstes Gebäude, Szene wie eben, nur Wartezeit länger mit Kaffee versüßt und die beiden laufen mind. 2-3-mal an uns vorbei, die Szene wiederholt sich ein drittes Mal (wieder s. 1. Mal – mit Wasser) und dann bekommen wir endlich den Sinn des Besuchs mit – nicht wir sollen das College kennenlernen, sondern es geht um die Beantragung eines Stipendiums, was zu Beginn des Semesters versäumt wurde. – Immerhin wissen wir jetzt, was ein Semester an einer der mit A+ sehr gut bewerteten Hochschule incl. Unterbringung kostet – 72.000,-INR – ca. (800,- €), wir sehen auch, dass alles sehr weiträumig mit viel Grün und die Gebäude noch sehr gepflegt sind (gerade 12 Jahre alt), aber wir werden bei zwei Std. Warten weder das Collegegebäude, in dem Arjan studiert, sehen, noch die Wohnheime, Freizeitbereiche oder was noch so interessant sein könnte…. ist zu privat, braucht eine Sondergenehmigung (in manche Colleges kommt man tatsächlich nicht einfach so rein) – wir wissen es nicht…

Arjan (links) vor seinem College

Nächster Programmpunkt auf Anfrage, als wir schon wieder im Auto sitzen – einkaufen bei Metro (ja, – der gleiche Konzern wie in Deutschland!) – kann ja ganz lustig sein, aber leider ist das Angebot in jeder Hinsicht begrenzt und wer nicht Säcke voller Linsen und Reis oder Riesenkanister voll Ghee braucht, findet kaum etwas interessantes. Dafür gab`s am Imbiss vor der Tür einen Veggi-Burger – gar nicht schlecht. 

Der indische Metro

Als wir wieder im Auto sitzen, heißt es, wir fahren bei der Studenten-WG vorbei – super, mal sehen, wie es allen geht, wir freuen uns, – aber da geht alles ganz schnell, kurzes Hallo, ein paar Sachen aus dem Kofferraum geholt und Reikha, unsere talentierte Köchin steigt mit ein – nebenher erfahren wir, dass morgen ein religiöser Feiertag für alle ist – keine Schule etc.. -Schön, zu wissen! Immerhin geht es jetzt wieder zurück Richtung Nangal Sohal bis – die ersten Obst-und Gemüsehändler am Straßenrand auftreten… Hier schlägt die Std. Reikhas, es wird kritisch der Händler ausgesucht, hier das Gemüse, dort das Obst, sorgfältig ausgewählt, der Preis diskutiert und verhandelt und wieder sind ein paar Tüten mehr im Kofferraum…

Die Stimmung im Auto steigt, alle haben sich viel zu erzählen, es wird diskutiert und viel gelacht – nur wir bleiben sprachlich außen vor und konzentrieren uns dafür auf die an uns vorbeiziehenden Szenerien…

Eine Menge Colleges säumen unseren Weg... Daneben eine typische Gurdwara
Schüler werden in der Fahrradrikscha nach Hause gebracht...
Eine Müllkippe auf dem Weg...
Unser Fahrer ist der Schulleiter der örtlichen Schule in Nangal, der auf dem Hof Quartier bezogen hat und sich auch um die Kinder kümmert...

Zu guter Letzt kommen wir nach über 6 1/2 Std. auf dem Hof an- pünktlich zum Sonnenuntergang… Fazit: über 3 Std Autofahrt, eben solang rumsitzen und warten, das ist Indien…

Aber wir wurden mit einem spektakulären Sonnenuntergang belohnt…

Sonnenuntergang von "unserem" Dach mit der Gurdwara, die uns akustisch immer besonders quält...

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