Mein Verhältnis zu Sao Paulo ist eher privater Natur, da mein Vater einige Jahre dort lebte und arbeitete. Ich hatte also immer einen Anlaufpkt. in Sao Paulo und Einblicke in diesen Stadt-Moloch, der über das Touristische hinaus geht.
Mein erster Aufenthalt Anfang 1990 war einem Praktikum in einem renommierten Architekturbüro bei der bekannten Rua Augusta mitten im schicken Zentrum von Sao Paulo geschuldet. Schnell entschied ich mich, der sonst wunderbaren Gastfreundschaft einer Manager-Familie mit großem Haus in Interlagos (bei der berühmten Formel-1-Strecke) zu entfliehen und und habe mein spärliches Praktikumsgeld in ein Apartment in einem zentralen Hotel,- fußläufig zum Arbeitsplatz investiert. – Eine gute Entscheidung, denn im Handumdrehen kannte ich die angesagtesten Plätze und Boutiquen der Innenstadt. Und – ich konnte mich frei bewegen. Klingt erstmal erklärungsbedürftig: Bei der deutsch-brasilianischen Familie war ich in besten Händen untergebracht, aber mind. eine Std. Fahrzeit vom Zentrum entfernt. Öffentliche Verkehrsmittel sind für die gehobene Mittelschicht ein no-go, – viel zu gefährlich, man bewegt sich nur von einem Schutzraum in den Nächsten. In der Praxis: Man steigt innerhalb des häuslichen Garagenhofs ins Auto (mit Chauffeur!), die Fenster werden verriegelt, das Automatiktor geht auf und dann werden die einzelnen Familienmitglieder an ihre Bestimmungsstätten gefahren, keines der beiden Mädchen des Hauses im Teeniealter ist je zu Fuß im eigenen Viertel unterwegs gewesen, geschweige denn im Zentrum. Es geht nur zur Schule, zum Sport, zum Musikunterricht und zur Freizeit in den Shoppingcenter, wo neben vielen Läden und Restaurants auch Kinos und Spielplätze zu finden sind. Was für ein eingeschränktes Leben! Ich hatte durch das Büro und durch meinen Vater ein paar Bekannte, die mir die Stadt gezeigt und näher gebracht haben, was ich um nichts in der Welt verpasst haben wollte.