
Warten auf den Zug – Eine Bahnschranke in Amritsar – 19.02.25
Es gibt Orte in Indien, da komprimiert sich das Leben – nur für kurze Momente treffen alle aufeinander, die kleinen Geschäftsleute auf ihren Mopeds, der Rikschafahrer und der dicke SUV, – zusammen mit unendlich vielen, die zu Fuß unterwegs sind – willkommen an einem indischen Bahnübergang!





Und schon ist der Zug vorbei, die Schranke geht wieder hoch, das Knäul von Menschen löst sich binnen Sekunden auf und geht/fährt seiner Wege…..




Adieu Nangal Sohal !!! – 17.02.25
Bei allen Unannehmlichkeiten, es stellt sich Wehmut ein – zu sehr sind mir die Kinder ans Herz gewachsen! Und so gestaltet sich der Abschied für Alle als schwierig – „Bleibt doch noch! – Noch eine letzte Aktion! – Lass uns nochmal mit Kreide malen! Wir wollten noch ein großes Gruppenbild – also – beides wird gemacht…




Als wir dann (endlich) ins Taxi steigen – nach langen Umarmungen und dem Herzen möglichst vieler Kinder – steht jetzt schon fest – wir kommen wieder – nächstes Jahr!

Gelassen sein ist eine Kunst…15.02.25
..die mir immer noch fern liegt.
Vor allem, wenn die Zeit verrinnt und wir uns in 2 Tagen wieder auf dem Weg nach Amritsar machen… Aber – das Blackboard ist fertig, und die ersten Bilder der Kinder sind gemacht. Nur noch den Rest der Bilder machen, beschriften, auf Tafeln verteilen, Blackboardbefestigung finden/klären, vielleicht noch ein paar Daten der Kinder einpflegen, ähm ja, und auch noch mal eine Kreide-Mal-Aktion in den taffen Zeitplan der Kinder einfügen…

Dazwischen, ja was machen wir eigentlich?! Viel schlafen, Spaziergang mit Hunden, ab und zu Wäsche waschen und – essen! Göttliches Essen, dreimal am Tag mit frischen noch heißen Chapatis, lecker Gemüse vom eigenen Biobeet, Paneer, Joghurt und Eiern vom eigenen Viehbestand, wir werden kugelrund befüttert.

Und immer wieder kommen wir zu einer Diskussion und zu neuen Erkenntnissen:
Über das schlechte staatliche Bildungssystem: wo die Lehrer kaum besser Englisch sprechen als die Kinder und gerne auch mal der Schule fernbleiben, weil die Ernte auf den Feldern eingebracht wird… (Sie werden wirklich schlecht bezahlt…)
Über die Ungleichbehandlung der Religionen unter Modi: warum zahlt ein Sikh für den Zugang zum College in Amritsar – der Hochburg der Sikhs – Gebühren, nicht aber ein Hindu?!
Über ökologische Landwirtschaft: Kochbirnen sind im Augenblick der Hit, werden zu Höchstpreisen verkauft.
Über Wasserstände: Vor noch nicht all zu langer Zeit war in nur 2 m Tiefe Grundwasser zu finden, heute müssen die Brunnen 100 m tief gebohrt werden…
Über den von Modi beförderten Aufkauf von Ackerland durch Agrarkonzerne: 1 ha Ackerland kostet hier in dieser Gegend umgerechnet 130.000,-€! Aber die so geköderten Bauern verlieren dadurch ihr einziges Eigentum und Lebensgrundlage …
Über den nächtlichen Lautsprecherterror der Religionen: Derartiger nächtlicher Lärm ist sogar per Gesetz verboten, aber wenn man sich (als unkonformer Sikh) mit einer Anzeige wehrt, bekommt man eine Gegenanzeige – in diesem Land mit vorhersehbar ganz üblen Folgen…
So vergeht schnell die Zeit – bis der Vollmond allen leuchtet…


Indische Ausflüge – oder – die Kunst des Wartens – 12.02.25
Arjan will Jura studieren, erst den nationalen Abschluss, dann internationales Recht. Da er unser Überflieger auf dem Hof ist und schonmal Farsi lernt, um heilige Bücher im Original zu lesen, oder politische Gedichte (selbstverfasst!) in einer Nachtaktion mal eben ins Englische übersetzt – alles absolut kein Thema… Also heute nach dem Frühstück: ob wir sein College sehen wollen – ja gerne, ok, wann? ja, gleich – um 10 fahren wir los.. Es ist gerade 9:00 und wir haben noch einen Berg Handwäsche vor uns – in deutscher Gründlichkeit im Akkord den Berg abgearbeitet, aufgehängt, Sachen gepackt und auf den Hof in Warteposition. In Sachen – was mitnehmen auf indische Ausflüge sind wir durchaus schon geübt, gesamte Fotoausrüstung mit Ersatzakkus (falls es interessanter wird), Sonnencreme (falls es keinen Schatten gibt) gut ausziehbare Schuhe und Tuch für den Kopf (es kann immer ohne Vorankündigung in eine Gurdwara (Sikh-Tempel) gehen), Oberkleidung ordentlich (es geht in eine Behörde) und gedanklich alle sonstigen Ideen für den Tag weeeit nach hinten schieben.
Und es beginnt schon „gut“ mit einer Std. Verspätung, Nachfragen, verärgert sein, Vorwürfe gar – macht alles keinen Sinn, man erntet höchstens ein Schulterzucken. Das College liegt in Amritsar, der regionalen Hauptstadt des Punjab, ca. 1 1/2 Std. entfernt, durchaus ein interessanter Weg über Buckelpisten über die Dörfer auf Landstraßen, die seltsamerweise immer mal wieder nach 500 m guter Piste unterbrochen sind (s.oben Buckelpiste) – Richtung Amritsar wird`s besser, die Ansiedlungen werden hochwertiger, die Zahl der Straßenhändler nimmt zu – viel zu schauen… Und wir kommen im College an – leider sind wir ja nicht des Punjabi mächtig (eine echter Mangel!) und wir beobachten ein sich wiederholendes Schauspiel mit gelegentlichen Ortswechsel. Pförtner – strenger Blick, viele wortreiche Erklärungen – wir werden gnädig hineingelassen. Administrationsbüro, wir dürfen uns setzen, bekommen ein Wasser, Arjan und unser Schulleiter laufen zur Anmeldung, zurück in Richtung eines Büros – wieder zu uns – nächstes Gebäude, Szene wie eben, nur Wartezeit länger mit Kaffee versüßt und die beiden laufen mind. 2-3-mal an uns vorbei, die Szene wiederholt sich ein drittes Mal (wieder s. 1. Mal – mit Wasser) und dann bekommen wir endlich den Sinn des Besuchs mit – nicht wir sollen das College kennenlernen, sondern es geht um die Beantragung eines Stipendiums, was zu Beginn des Semesters versäumt wurde. – Immerhin wissen wir jetzt, was ein Semester an einer der mit A+ sehr gut bewerteten Hochschule incl. Unterbringung kostet – 72.000,-INR – ca. (800,- €), wir sehen auch, dass alles sehr weiträumig mit viel Grün und die Gebäude noch sehr gepflegt sind (gerade 12 Jahre alt), aber wir werden bei zwei Std. Warten weder das Collegegebäude, in dem Arjan studiert, sehen, noch die Wohnheime, Freizeitbereiche oder was noch so interessant sein könnte…. ist zu privat, braucht eine Sondergenehmigung (in manche Colleges kommt man tatsächlich nicht einfach so rein) – wir wissen es nicht…

Nächster Programmpunkt auf Anfrage, als wir schon wieder im Auto sitzen – einkaufen bei Metro (ja, – der gleiche Konzern wie in Deutschland!) – kann ja ganz lustig sein, aber leider ist das Angebot in jeder Hinsicht begrenzt und wer nicht Säcke voller Linsen und Reis oder Riesenkanister voll Ghee braucht, findet kaum etwas interessantes. Dafür gab`s am Imbiss vor der Tür einen Veggi-Burger – gar nicht schlecht.

Als wir wieder im Auto sitzen, heißt es, wir fahren bei der Studenten-WG vorbei – super, mal sehen, wie es allen geht, wir freuen uns, – aber da geht alles ganz schnell, kurzes Hallo, ein paar Sachen aus dem Kofferraum geholt und Reikha, unsere talentierte Köchin steigt mit ein – nebenher erfahren wir, dass morgen ein religiöser Feiertag für alle ist – keine Schule etc.. -Schön, zu wissen! Immerhin geht es jetzt wieder zurück Richtung Nangal Sohal bis – die ersten Obst-und Gemüsehändler am Straßenrand auftreten… Hier schlägt die Std. Reikhas, es wird kritisch der Händler ausgesucht, hier das Gemüse, dort das Obst, sorgfältig ausgewählt, der Preis diskutiert und verhandelt und wieder sind ein paar Tüten mehr im Kofferraum…

Die Stimmung im Auto steigt, alle haben sich viel zu erzählen, es wird diskutiert und viel gelacht – nur wir bleiben sprachlich außen vor und konzentrieren uns dafür auf die an uns vorbeiziehenden Szenerien…




Zu guter Letzt kommen wir nach über 6 1/2 Std. auf dem Hof an- pünktlich zum Sonnenuntergang… Fazit: über 3 Std Autofahrt, eben solang rumsitzen und warten, das ist Indien…
Aber wir wurden mit einem spektakulären Sonnenuntergang belohnt…


Wie Kreide Kinder glücklich macht… Nangal Sohal 08.02.25
Heute haben die Kinder Zeit, es ist Wochenende – also – die mitgebrachte Straßenkreide ausgepackt, jedes Kind ein Stück – kleine Dramen natürlich, keiner will weiß, die Jungs lieber blau, alle Mädchen pink… Aber – auch ein Lernprozess, die Kinder sollen austauschen und teilen…. Die ganze Hoffläche kann bespielt werden!









Von der Natur geküsst im Punjab – 07.02.25
Nach den letzten nebelverhangenen Tagen endlich die Sonne und auch die Erkältung wird gleich besser, – also erster Rundgang über Hof und Felder….










Der Punjab ist nichts für Weicheier….
Es gibt ja Gründe, weshalb wir jedes Jahr in den Punjab reisen – mind. 50 – 80 sehr gute Gründe – das Kinderprojekt Anand Jeevan, das uns mittlerweile so sehr ans Herz gewachsen ist. Um die 50 Kinder leben dauerhaft auf dem großen Hof, ca. weitere 20-30 bei ihren Eltern und Verwandten und 8 haben es inzwischen in Amritsar auf Colleges, Uni und Ausbildung geschafft. Ziel ist es, so vielen wie möglich – vor allem Mädchen – eine optimale Ausbildung zukommen zu lassen und damit den Kreislauf von Armut und schlechten Bildungschancen zu durchbrechen.
Die Besuche sind sind für alle wichtig, für die Kinder als Motivationsschub und für uns auch, um Fortschritte festzustellen, zu sehen, wie und wo das Geld angelegt wurde und wo akuter Bedarf besteht. Und dann sind da die Kinder selber, die uns mit großen Augen anschauen, gar nicht mehr loslassen wollen und dankbar sind für jede schulische Hilfe oder auch für Spaßaktionen, die sonst eher unüblich sind.
Und jetzt bin ich krank… So eine richtig fette Erkältung mit allem – sitze hustend und schniefend in meinem Turm und kann den Kindern nur von weitem zuwinken… Frustierend… Aber leider ist es für verwöhnte Großstädter wie mich einfach eine echt schlechte Zeit, anzureisen. Temperaturschwankungen zw. 6 – 21 Grad, bei einer Luftfeuchtigkeit bis in den Vormittag von über 90%, der Nebel löst sich erst am späten Nachmittag auf, und selbstredend gibt es hier keine Heizung, keine dichten Fenster ö.ä. was eine Mimose wie mich schützt. – Ein echtes Abhärtungsprogramm also… Mein morgendlicher Blick vom „Turm“ in den Wirtschaftshof…
Und auf das alte Farmhaus und die Kinderunterkünfte im Hintergrund…
Und dazu kommt noch der „Krieg“ der Religionen, der Sikhs, der Hindus, der Moslems und der paar wenigen Christen eventuell auch… Jede Nacht geht es um 2:00 Uhr ohrenbetäubend los mit SingSang, um 3:30 kommt die nächste Fraktion und ab 5:00 Richtung Sonnenaufgang die dritte. Und nicht kurz, sondern immer mind. 1/2 Std.. An Schlaf ist da erst in voller Erschöpfung zu denken, – In Delhi an einer Hauptverkehrsstraße habe ich dagegen geschlafen wie ein Murmeltier….
Morgen ist ein besserer Tag – ganz bestimmt!

Chidiya Tapu – der letzte Abend
Ach, was wird mir das Grillengezirpe fehlen, in der Erinnerung habe ich auch bestimmt wieder die Hahn-Krähkämpfe um 4 Uhr morgens vergessen und die vielen elenden Mückenstiche sowieso…
Zur Abrundung habe ich mir – nachdem mein Bauch mir heute Vormittag Ruhe verordnet hat – zum Sonnenuntergang einen weiteren Strand gegönnt… Ohne Worte, seht selbst….
Übrigens – die vielen umgestürzten Bäume am Ufer stammen alle noch vom schrecklichen Tsunami 2004….
