Von Triest nach Ancona, eigentlich „nur“ eine Brückenstadt auf dem Weg nach Süden, weil wir allzu lange Bahnfahrten vermeiden wollen (Soll ja noch Spaß machen!) – aber – was für eine Überraschung, es ist eben eine italienische Stadt und damit genug „alte Steine“ zu sehen und Geschichte nachzuvollziehen …
Wieder mitten in der Altstadt eine Unterkunft gefunden und wir waren am Sonntag Abend Zeuge der an vielen Orten noch praktizierten „Passeggiata“ in der Haupt-Einkaufsstraße der Innenstadt. Gefühlt die halbe Stadt war auf den Beinen nach Sonnenuntergang, die Fußgängerzone war voll, auch einige Geschäfte hatten offen. Und alle ziemlich chic – nicht so sehr wie in Triest, die Männer sind hier deutlich legerer unterwegs, aber im Vergleich zu Berlin… Und dann die vielen Boutiquen und Läden – wäre mein Koffer nicht so voll, ich habe einiges gesehen, was mir gefallen hätte…

Ancona ist vor allem auch eine Hafenstadt, jede Menge Fährschiffe legen an und auch Frachtschiffe scheinen viel unterwegs zu sein. Wahrscheinlich daher auch die Bahntrasse, die direkt zwischen (eigentlicher) Uferpromenade und Hafengelände verläuft. Auch der Lärm von Generatoren, Motoren, Klimaanlagen – ich weiß nicht was – ist echt extrem, es gibt wirklich schönere Ecken und vor allen Dingen geschichtlich fantastische Bauwerke, wenn man ein bisschen in die Stadt eintaucht…
Die großen Fährschiffe aus Griechenland, Kroatien etc. legen hier an
Die „blaue Stunde“ über Hafen- und Bahnanlagen an der „Ufer“-Promenade
Hoch auf dem Monte Guasco steht der Duomo S. Ciriaco, die dem heiligen Cyriacus geweihte Kathedrale – der Baedeker bezeichnet sie als eine der interessantesten Kirchen Italiens, und wenn ich an die lange Zeit, die wir allein im Kirchenschiff mit immer neuen Entdeckungen verbracht haben, denke, muss was dran sein. Natürlich ist sie auf den Fundamenten eines Tempels errichtet worden, aber so ziemlich in allen Jahrhunderten wurde an-, umgebaut und ergänzt. Eine kleine Auswahl: byzantinischer Kuppelbau, gotisches Portal, Vorhalle aus dem 13. Jrh., Reste eines weiteren Tempels und einer frühchristlichen Kirche, noch ein bisschen Altar“deko“ aus dem 18. Jrh. und das ist nur der grobe Abriss, (Quelle: natürlich Baedeker) – viel zu sehen! Und – nicht selbstverständlich – an allen wichtigen Stücken, wie auch an den sonstigen relevanten Gebäuden der Stadt – ausführliche zweisprachige Beschreibungen – vorbildlich!
Front – sieht noch „harmlos“ aus…
Ein Seitenschiff – man ahnt die Größe
Natürlich ist die Fassade schon ein Feld der Entdeckung…
Es geht im Innern weiter:
nur einer der drei Hauptaltäre
Nr. 2, der eigentliche Hauptaltar
Nr. 3, modern gestaltet, man beachte die Schattenführung!
Der Sitz des Kirchenoberen, die Rückenlehne war mal eine mittelalterliche Fensterfüllung – gutes Upcycling! Unnötig zu sagen, das es unzählige Details außerdem noch zu entdecken gibt….
Übrigens gibt es direkt nebenan auf dem Hügel wunderbare Aussichtspunkte und auch einen Blick auf die Reste eines röm. Amphitheaters, s. unten:
vorne Amphitheater, hinten Hügel mit Duomo
Aber das ist (natürlich!) nicht die einzige spannende Kirche hier, es gibt da z. B. noch die S. Maria della Piazza, im 12. Jrh. auf den Resten frühchristlicher Kirchen erbaut. Leider (oder Gott sei Dank) war sie verschlossen, so das wir uns nur mit der Fassade beschäftigen konnten, und wenn ich schon in einem anderen Beitrag von der spannenden Gotik gesprochen habe, die frühchristlichen Kirchen stehen dem in nichts nach, wunderbare, witzige Figuren überall zu entdecken, häufig auch Chimären – also Wesen – zusammengesetzt aus menschlichen und tierischen Teilen – Kopf Mensch, Körper Tier u. ä..
von weitem so schlicht, so harmlos, aber wenn man näher kommt:
Wasserspeicher zu sein, macht wohl keinen Spaß..
den Absturz dieses Wesens kann ich mir auch nicht erklären… und es gibt wie immer noch viel mehr zu entdecken (sprengt den Rahmen!)
Natürlich gibt es in so einer alten Stadt vers. Palazzi, die über die Jahrhunderte immer wieder aus-, an- und umgebaut wurden, mit teilweise großer Rigorosität, hier als Beispiel der Palazzo degli Anziani:
zugegeben, hübsch ist etwas anderes… aber die Geschichte!
Ein Vorgänger wurde schon 425 AD gebaut (Weströmisches Reich) 838 von den Sarazenen zerstört, 1270 neu erbaut unter Verwendung alter Strukturen im Stile italienischer Gotik, 1348 durch ein Feuer schwer beschädigt, ca. 200 Jahre verlassen, 1532 wieder aufgebaut als Sitz des Stadtparlaments, 1647 Überarbeitung der gotischen Fassade zu heutigem Erscheinungsbild (rechteckige Fenster ohne Rücksicht auf vorh. Bögen und alte Fassadenbilder einfach im Stille der Zeit in die Fassade gesetzt!), Im 2. WW wurde ein Teil der Länge des Gebäudes weggesprengt, so dass es nicht mehr in der vollen Länge besteht – Was für eine Geschichte!
Das zweiteilige Fries von Adam und Eva, einfach mal weggekappt…
Nebenher macht es natürlich einfach Spaß, durch die Gassen der Altstadt zu schlendern….

Rundum ein Vergnügen – hat sich gelohnt! Aber es geht ja auch noch weiter nach Bari….
